Beiss nicht die Hand, die dich füttert!

Bereits zum zwölften Mal seit Anfang 2014 legt die deutsche Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit heute den Flugbetrieb der Lufthansa lahm. Allein in dieser Woche streikten die Piloten während vier Tagen. Hat dabei eigentlich jemand an die Passagiere gedacht?

Lufthansa A380 am Flughafen Frankfurt
Lufthansa A380 am Flughafen Frankfurt (Bild: flickr/Steve Jurveston)

Wer sich auch nur am Rande für die Airlinebranche interessiert, kam in den letzten Monaten nicht um die Worte „Lufthansa“ und „Streik“ herum. Piloten, oder besser deren Gewerkschaften, versuchen mit Arbeitsniederlegungen, sich jahrelang genossene Benefits, Frühpensionierungen oder andere, liebgewonnene Freiheiten zu erhalten. Die Airlines wiederum, in einer Spirale von Effizienzsteigerungen und Benefitansprüchen gefangen, versuchen krampfhaft, alte Pfründe abzuschneiden um sich im immer härter werdenden (Preis-) Wettbewerb strategisch richtig aufzustellen.

Zugegeben, eine wahrlich schwierige Sache für gute Lösungen – für beide Seiten. Und natürlich könnte man jetzt lang und breit über Argumente und Gegenargumente diskutieren. Aber darum – man möge es mir verzeihen – geht es mir heute nicht. Sondern vielmehr darum, was die massive Bestreikung einer Airline für (nachhaltige) Folgen mit sich bringt.

Hat jemand mal an die betroffenen Passagiere gedacht? Allein bei den Lufthansa-Streiks dieser Woche sollen rund 220’000 Passagiere betroffen gewesen sein, heisst es in einer Mitteilung. 220’000 Passagiere, die im Vertrauen auf eine Marke ein Ticket gekauft haben. Zum Schnäppchenpreis vielleicht, vielleicht aber auch zum teuren, flexiblen Businesstarif. Kunden also, die durch entsprechende Nachfrage dafür sorgen, dass eine Fluggesellschaft überhaupt existieren kann. Und Kunden notabene, die es mit ihren Ticketkäufen überhaupt erst ermöglichen, die Benefits der Piloten zu finanzieren. Doch genau diese Kunden sind es nun, die im Strudel des Streiks irgendwo stranden. Mit Glück am Heimatflughafen, mit Pech irgendwo auf dem Weg von oder zu ihrem Reiseziel.

Blah
Fake oder Real? Keine netten Nachrichten für die Piloten (Quelle: Facebook-Seite von Lufthansa)

«Passagiere haben Verständnis für Streiks.» Im Ernst?
Passagiere, so lassen sich die Gewerkschaftsvertreter gerne zitieren, hätten Verständnis für die streikbedingten Flugausfälle. Im Ernst? Auch ich war vor Jahren von einem Streik bei Lufthansa betroffen, als ich nach einem Urlaub aus der Karibik zurückkehrte. In Frankfurt beschied man mir dann achselzuckend, dass mein Lufthansa-Weiterflug nach Zürich bestreikt würde. Eine Umbuchung auf eine andere Airline war – natürlich – chancenlos, denn auf diese Idee waren schon vor mir einige andere gekommen. Stattdessen beschied man mir ultimativ, dass ich nun mein Gepäck vom Band nehmen solle und halt selber sehen müsse, wie ich samt Gepäck heim nach Zürich komme.

Ja, ich war verärgert. Sehr. So sehr, dass ich der verantwortlichen Gewerkschaft, der Vereinigung Cockpit, ein E-Mail schrieb. Auf eine Antwort warte ich noch heute. Ganz offensichtlich glaubt man bei der Gewerkschaft tatsächlich, dass Passagiere Verständnis dafür haben, dass sie gestrandet sind. Oder man ignoriert sie, damit man sich nicht mit lästigen Fragen herumschlagen muss.

Streik ist der falsche Weg!
Aber was viel schlimmer ist: Ich bin über lange Zeit nicht mehr Lufthansa geflogen. Und zwar deshalb, weil ich das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Airline verloren hatte und nicht wieder irgendwo stranden wollte. Und heute? Würde ich nach all den Streiks der letzten Wochen wieder ein Tickets von Lufthansa kaufen? Nein, schliesslich will ich eine Reise so antreten, wie ich sie gebucht habe. Jeder Tag Verspätung ist ein hart erarbeiteter Ferientag weniger.

Was mich zur Frage bringt: Was also, wenn sich immer mehr streikmüde Passagiere dazu entschliessen, ihre Reise mit einer Airline zu buchen, bei der man nicht damit rechnen muss, plötzlich am Boden zu bleiben? Spätestens dann haben sich die Kapitäne der Lüfte ins eigene Bein geschossen.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Dass sich Piloten für Ihre Privilegien einsetzen, kann ich nachvollziehen. Mit massivsten Streiks aber genau diejenigen zu verärgern, die überhaupt erst dafür sorgen, dass Benefits irgendwelcher Art – oder gar der Job überhaupt – finanzierbar ist, macht keinen Sinn.

Beiss nicht die Hand, die dich füttert!